Chemische Evolution Diskussion

Wissenschaftsphilosophie der chemischen Evolution

Interdisziplinärer Diskussionsstand zur präbiotischen Nuklein- und Proteinsynthese 

Paul Natterer
2014 [2011]
22 Seiten
Sprache: Deutsch
Reihe: Aufsätze zur Philosophie der Naturwissenschaften
Ausgabe: PDF-Datei
Format: DIN A4

 

Datenübertragung:

Wissenschaftsphilosophie der chemischen Evolution

Artikelbeschreibung

Unter chemischer Evolution werden mögliche Schritte zum Leben ausgehend von nichtbelebter Materie verstanden. Wissenschaftliche Untersuchungen richten sich hier auf die Möglichkeit präbiotischer oder abiogener Entstehung von Biomolekülen. Es geht m.a.W. um die physikalisch-chemische Synthese von (Makro-)Molekülen lebender Organismen und mittelbar auch um die vorgängige Synthese hierfür geeigneter chemischer Elemente: Kosmochemie.

In der Wissenschaftsgeschichte standen sich hierzu zwei Positionen gegenüber: Die Theorie des Aristoteles von der Möglichkeit und Tatsächlichkeit der Urzeugung aus nichtbelebter Materie.Und die von den ersten experimentellen Biologen F. Redi und W. Harvey im 17. Jh. aufgestellte These omne vivum ex ovo, also Leben kommt nur von Leben: Es gibt keine abiotische spontane Entstehung von Leben. Diese These galt noch 150 Jahre lang als kühne, weniger gut begründete Hypothese gegenüber der Urzeugungstheorie. Erst im 19. Jh., unter dem Einfluss der Arbeit L. Pasteurs, wurde die Theorie der andauernden Urzeugung aufgegeben. Im Rahmen der darwinistischen Evolutionstheorie wurde sie ab den 20er Jahren des 20. Jh. neuerdings aufgegriffen. So von Aleksandr Oparin (1894–1980), seit 1935 Leiter des Biochemischen Instituts der Akademie der Wissenschaften der UDSSR, von John B. S. Haldane (1892–1964) und Stanley L. Miller (1930–2007).

Drei Einzelfragen stellen sich der präbiotischen Chemie entsprechend den Minimalbedingungen des uns bekannten Lebens: (1) Die Frage nach der Entstehung der Proteine als Strukturmaterial und Stoffwechselmaschinen (Enzyme) des Lebens – (2) Die Frage nach der Entstehung der Nukleinsäuren als Träger des Lebensbauplans (genetische Information) – (3) Die Frage nach der Integration und Selbstreplikation von (1) und (2). Hier die Gliederung des Papiers:

 

(1) Wissenschaftsgeschichtlicher Hintergrund

(2) Der empirische Forschungsstand zur präbiotischen Nuklein- und Proteinsynthese

(3) Aktuelle Grundsatzdebatte zu Selektion versus Selbstorganisation: Synthetische Evolutionstheorie – Neutrale Theorie – Konstruktivistische Evolutionstheorie

(4) Konstruktivistische Evolutionstheorie als Theorie der Eigendynamik des vorhandenen

Strukturmaterials, das sich eigengesetzlich immer weiter differenziert

(5) Leben und die Organismen und schon die physikalisch-chemische Natur zeigen objektive Intelligenz

(6) Gene bzw. Genome folgen drei biologischen Grundprinzipien: Kooperativität, Kommunikation und Kreativität

(7) Organismen benötigen einen inneren Bauplan nach einem zeitlich und räumlich geordneten Verfahren

(8) Kreatives Potential lebender Systeme: Genome agieren, indem sie ihre Architektur nach eigenen inneren Gesetzen modifizieren

(9) Biologische Funktionen und Lebensformen insgesamt folgen apriorischen geometrischen und physikalisch-chemischen Formgesetzen, Randbedingungen und Möglichkeitsräumen

(10) Apriorische Prozessoptimierung und biochemische Navigation

(11) Entstehungsbedingungen einer interessanten Chemie mit stabilen chemischen Elementen als entfernter physikalisch-chemischer Voraussetzung von Leben

(12) Aposteriorische, willkürliche, positive biochemische Gesetze und Festlegungen

(13) Die Biogenese hat weitreichende Systemeigenschaften mit Gesetzescharakter zur Voraussetzung

(14) Spontane Selbstorganisation komplexer Systeme alias biologischer Ordnungsstrukturen erfordert offene Systeme und Zufuhr von Energie und Information

(15) Der wissenschaftsphilosophische Diskussionsstand zur Möglichkeit der Entstehung von Ordnung von unten nach oben (bottom-up) per Emergenz: Emergente Eigenschaften, Gesetze und Objekte

(16) Der wissenschaftsphilosophische Diskussionsstand zur Möglichkeit der Entstehung von Ordnung von oben nach unten (top-down) per Abwärtsverursachung (downward causation)

(17) Künstliche Intelligenz alias programmgesteuerte spontane Selbstorganisation hat eingebaute Algorithmen und gesteuerte Lern- bzw. Trainingsphasen zur Voraussetzung

(18) Randbedingungen der Elementarteilchenphysik zum Thema: Kräfte sind die bestimmenden Faktoren für die Naturbeschreibung

(19) Randbedingungen der Elementarteilchenphysik zum Thema – Fortsetzung: Symmetrien bestimmen die Eigenschaften der Kräfte

(20) Randbedingungen der Elementarteilchenphysik um Thema – Fortsetzung: Grenzen der empirischen, naturwissenschaftlichen Forschung

(21) Randbedingungen der Elementarteilchenphysik zum Thema – Fortsetzung: Die Objekte der Quantenwelt haben ein apriorisches und holistisches Hyperwissen

22) Randbedingungen der Elementarteilchenphysik zum Thema – Fortsetzung: Die »Entelechie« oder die ganzheitliche Struktur leitet das physikalisch-chemische Geschehen im Organismus (Heisenberg)

(23) Die Mathematik zum Thema: [Prim-]Zahlen steuern Aufbau und Verhalten der Realität in der Biochemie

(24) Die kantische Philosophie der Biologie zum Thema: Teleologie [zielgerichtete Organisation] ist nicht reduzibel

(25) Apriorische Korrelation der Gegenstände der Natur und unserer Erkenntnis derselben zu den Objekten im Bereich der Mathematik

(26) Platonische Ideen als Möglichkeitsraum, der bestimmte Möglichkeiten von Bewegung und Veränderung vorgibt

(27) Elementare Bausteine der Physik oder der Biologie sind nach Platon zwar keine Ideen, aber in sich bereits strukturierte Einheiten und damit durch Formen geprägt

(28) Metaphysik und Theologie zum Thema: Ordnung und Gesetzmäßigkeit, Form und Gestalt als Manifestation der Transzendenz