Prophetischer Theismus Ethische GewaltEthische Gewalt in Schrift und Tradition des prophetischen Theismus

Paul Natterer
Aufsätze zur Religionsphilosophie

2019 [2015]
38 Seiten
Sprache: Deutsch
Ausgabe: PDF-Datei
Format: 15, 5 x 22 cm

 

Datenübermittlung:

Ethische Gewalt im prophetischen Theismus

Artikelbeschreibung

Eine Religionsphilosophie des prophetischen Theismus sollte eine philosophische Erörterung der verbreiteten Meinung einschließen, welche etwa folgendes Zitat ausdrückt: „Das Klischee vom atl. Gott der Rache und des Zornes ... steht lähmend zwischen uns und dem AT [Altes Testament] [...] Uns ist ... heute ein Menschenbild zugänglich, welches die Kategorie der Gewalt ausschließt [...] und [wir] entdecken mit Schrecken und Sorge, in welchem Ausmaß dort [= im Tanakh] eine gewalttätige Diktion herrscht.“ Das Zitat stammt von dem Innsbrucker Theologen Robert Oberforcher: Verkündet das Alte Testament einen gewalttätigen Gott? Fundamentalistische Relikte im Umgang mit gewalttätigen Zügen im biblischen Gottesbild. In: Niewiadomski, J. (Hrsg.): Eindeutige Antworten? Fundamentalistische Versuchung in Religion und Gesellschaft, Thaur 1988, 142—143. 

Obiges Zitat zeigt aber auch, wie stark emotionale Reaktionen und moralische Klischees von Milieu und Zeitgeist bestimmt werden. Dass das moderne Menschenbild die Kategorie der Gewalt ausschließe, dass politisch-weltanschauliche Gewalt, Zorn und Rache uns mit Schrecken und Sorge erfülle und lähme, ist eine typische linksliberale bzw. liberaltheologische Einstellung speziell der nach-68er Jahrzehnte. Spätestens seit dem 1. Jahrzehnt des 21. Jh. gilt das Gegenteil: Praktisch alle früher linksliberalen Leitmedien, alle politischen Parteien und die ideologisch und machtpolitisch tonangebenden NROs tolerieren oder bejahen inzwischen implizit oder explizit politisch-weltanschauliche Gewalt und globale Weltanschauungskriege, harten deregulierten Kapitalismus sowie polizeistaatliche Einschränkung von Demokratie und Bürgerrechten bis zur Akzeptanz von Folter und weltanschaulich oder politisch motivierten Attentaten. Die gegenteilige frühere Einstellung gilt als politisch nicht korrekt.

Der Aufsatz erörtert und bilanziert die Grundsätze ethischer, d.h. sittlich verantworteter und/oder geforderter Gewalt im Alten Testament und Neuen Testament — auf Seiten des göttlichen Absoluten wie auf Seiten menschlicher Autoritäten — und erläutert diese durch Beispiele. Ein abschließender Schwerpunkt ist naheliegenderweise die Apokalypse mit der ultimativen Konfrontation zwischen unethischer, amoralischer Gewalt und ethischer Gewalt im Geschehen um die Hure Babylon.