Scotus Metaphysik AfBScotische Begriffsmetaphysik am Beispiel der transzendentalen Kausaltheorie (ordo dependentiae) im Tractatus de primo principio

Paul Natterer
In: Archiv für Begriffsgeschichte 52 (2010), 53-72 / Aufsätze zur Philosophie

2010
19 Seiten
Sprache: Deutsch
Ausgabe: PDF-Datei
Format: DIN A4

 

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Artikelbeschreibung

Johannes Duns Scotus hat den Anspruch „das eigentliche Programm, das in seinen Augen Aristoteles der Metaphysik zugrunde legt, aber selbst nicht hinlänglich realisiert hat und dessen Verwirklichung Avicenna auf eine erste Weise zu unternehmen versuchte, in einer systematisch befriedigenderen Form zu erfüllen.“ (L. Honnefelder: Ens inquantum ens. Der Begriff des Seienden als solchen als Gegenstand der Metaphysik nach der Lehre des Johannes Duns Scotus, Münster 21979, 397) Besonders in der näherhin hier thematischen Schrift De primo principio geht es „nicht nur um den vielleicht bedeutendsten Beitrag eines scholastischen Theologen zum Problem des Gottesbeweises [...] sondern vor allem um die Entfaltung eines historisch neuen Ansatzes der Metaphysik, der in der Geschichte dieser Disziplin Epoche gemacht hat“ (Johannes Duns Scotus: Abhandlung über das erste Prinzip, hrsg. von W. Kluxen (Darmstadt 21987, Abstract).

Die Forschung geht heute von dem Faktum der terminologischen Gleichsetzung von Metaphysik und philosophia transcendentalis in der Schulmetaphysik des 17. und 18. Jh. aus, und sieht sich damit der grundsätzlichen Frage gegenüber: Woher stammt und was bedeutet diese Bestimmung der Metaphysik als Transzendentalphilosophie? Die Antwort – so Honnefelder: „Eben dieses Verständnis der Metaphysik wird ... zum ersten Mal im 12./13. Jh. im Anschluß an Avicenna von Johannes Duns Scotus entwickelt und durch die auf ihn zurückgehende einflußreiche Schule an die Nachfolgezeit vermittelt [...] Die erste Philosophie ist nur möglich als Transzendentalwissenschaft oder gar nicht" (L. Honnefelder: Die „Transzendentalphilosophie der Alten“: Zur mittelalterlichen Vorgeschichte von Kants Begriff der Transzendentalphilosophie. In: Proceedings of the Eigth International Kant Congress, Memphis 1995. Bd. 1, Milwaukee 1995, 395, 397). Die Wirkungsgeschichte der scotischen Transzendentalphilosophie wurde für die spätmittelalterliche und neuzeitliche Metaphysik einschließlich der Wolffschule das leitende Paradigma, in dessen Horizont nach Herkunft wie späterer kritischer Auseinandersetzung und Korrektur auch das kantische Philosophieren steht. 

Das Papier erläutert diese klassische Transzendentalphilosophie anhand zentraler Passagen in De primo principio.

Abstract: The ‘Tractatus de primo principio’ is a seminal work of Johannes Duns Scotus’ new approach to metaphysics which eventually became predominant up to the 18th century. Its focus is on ontological analysis at its highest, transcendental or a priori level. In this regard it uses primary relations or disjunctions, the so-called ordines essentiales. The paper gives a review of this medieval ‘transcendental turn’ and sketches its enormous impact on western philosophy. The essay then presents the top-level relations or ordines and proceeds to discuss the basic tenets of the transcendental causal theory (ordo dependentiae) in detail. A textual reconstruction endorses the understanding of the compact text and illustrates the causal theory’s line of argument that is at the core of the Tractatus.