R6. Kosmologie der ToraDie Kosmologie der Tora

Paul Natterer
Aufsätze zur Klassischen Philologie und Orientalistik

[auch in Edition novum studium generale Bd. 9]

2010
27 Seiten
Sprache: Deutsch
Ausgabe: PDF-Datei
Format: DIN A4

 

Datenübermittlung:

Die Kosmologie der Tora

 

Artikelbeschreibung

Ask und Embla [gemeinfrei]Vor 2000 Jahren beteten unsere Vorfahren wie die große Mehrheit der Menschen auf unserem Planeten Sonne, Mond und Venus als Götter und Göttinen an, zollten Bäumen und Quellen als Sitz von Nymphen und Halbgöttern kultische Verehrung, unterwarfen sich einem Meeresgott, Kriegsgott und Fruchtbarkeitsgöttinen durch lange priesterliche Tempelliturgien, Wallfahrten, Weihrauch und Opfer von Hähnen, Schafen, Stieren und oft Menschen. Sie suchten sie so zu besänftigen und erwarteten Heilung von Krankheiten oder geschäftlichen Erfolg. Noch mehr als Naturvölker zeigten zivilisatorische Hochkulturen wie das pharaonische Ägypten, die griechische Wissenschafts- und Kulturwelt (Hellenismus) und das Römische Weltreich dieses Bild. Wer diese religiöse Weltanschauung nicht teilte und aktiv in Zweifel zog wie Sokrates in Athen oder die christliche Kirche im Römischen Reich, galt als Staats- und Verfassungsfeind, unterstand polizeilicher Beobachtung oder wurde zu Gefängnisstrafen bzw. noch häufiger und in der Regel zum Tode verurteilt.

Wenn wir und die meisten Menschen auf unserem Planeten heute die Sonne und den Mond und die Venus nicht mehr anbeten, keine Nymphen und Halbgötter kultisch verehren, keinen Meeresgott, Kriegsgott und keine Fruchtbarkeitsgöttin mehr durch Wallfahrten und Stieropfer zu besänftigen suchen, wenn wir uns vor keinen Statuen von Tiergöttern mehr niederwerfen – dann ist die ausschlaggebende Ursache hierfür die Kosmologie des ersten Buches der Tora: Genesis. [Bild oben, GNU FDL: Ask und Embla, die ersten Menschen in der nordischen Kosmologie, deren Beseelung durch die Asen eine Variante der indo-europäischen vorgeschichtlichen Tradition zur Genesis des Menschen ist: "Seele besaßen sie nicht, Vernunft hatten sie nicht, weder Blut noch Bewegung noch gute Farbe" (Lieder-Edda: Völuspá, 17–18), Briefmarke Färöer 2003]

Ein klassischer Belegtext hierfür – exakt an der Schnittstelle zwischen dem alten polytheistisch-pantheistischen Paradigma und dem neuen monotheistischen Paradigma – ist De vera religione [Von der wahren Religion] eines der wichtigsten Väter des christlichen Israel alias der katholischen Kirche, Aurelius Augustinus (354–430). Das Werk datiert von 390 n. C., als das neue monotheistische Paradigma begann, in der Bevölkerung der zivilisierten Welt zu einer Mehrheitsmeinung zu werden. Thema des Werkes ist eine Evaluation beider Paradigmen. Es bietet gewissermaßen eine Momentaufnahme der Diskussion in dem Augenblick, als die Hälfte der Bevölkerung, der Wissenschaft und der öffentlichen Meinung noch polytheistisch oder pantheistisch dachte, und die andere Hälfte monotheistisch. Folgende Verknüpfung bietet eine Erörterung zu dieser theistischen Kosmologie der Tora, in deren Wirkungsgeschichte und grundsätzlichem Horizont wir (bis auf die hinduistischen und buddhistischen Kulturen Vorder- und Hinterindiens) heute alle denken und leben. Die einzelnen Themen sind:

(1) Genesis 1–2: Kosmologie und Anthropologie

(2) Genesis 3: Randbedingungen der Ethik – Schuld, Scheitern und Erlösung

(3) Theistische Welttranszendenz und Schöpfung in Religionsgeschichte und Ethnologie

(4) Theistische Weltimmanenz und Ethik in Religionsgeschichte und Ethnologie

(5) Paradiesische Lebenswelt und deren Beendigung in Religionsgeschichte und Ethnologie

(6) Nichtmaterielle intelligente Lebensformen in Religionsgeschichte und Ethnologie

(7) Das Messiaskonzept in Religionsgeschichte und Ethnologie

(8) Protohistorischer Charakter von Genesis 1–11