E5. Kontroverse Kutschera SchererIntelligent Design: Kontroverse Kutschera versus Scherer

Paul Natterer
2008
12 Seiten
Sprache: Deutsch
Reihe: Aufsätze zur Philosophie der Naturwissenschaften
Ausgabe: PDF-Datei
Format: DIN A4

 

Datenübertragung:

Intelligent Design: Kontroverse Kutschera versus Scherer

Artikelbeschreibung

Richard Dawkins [CC-Lizenz für schöpferisches Gemeingut BY-SA 2.0_Creative-Commons-License CC-BY-SA 2.0]Die jüngste evolutionskritische Debatte haben v.a. angestoßen P. E. Johnsons' Darwin on Trial, Washington 1993 und M. J. Behe's Darwin's Black Box, New York 1996. Die Gegenkritik wird angeführt von R. Dawkins: The Blind Watchmaker, Harlow 1986 und The God Delusion, London 2007 [2006] [Foto links, GNU FDL: Richard Dawkins], und zurückhaltender von David S. Wilson: Darwin's Cathedral - Evolution, Religion, and the Nature of Society, 2002. Dawkins gibt einerseits Evolutionskritikern darin Recht, dass „a living creature or one of its more complex organs [but it could be anything from a molecule up to the universe itself] ... is correctly extolled as statistically improbable“ (2007, 138). Andererseits ist sein stets wiederholtes Mantra: „Darwinian natural selection is the only known solution to the otherwise unanswerable riddle of where the information comes from“ (2007, 138). So counter-intuitive es auch sein mag: „Natural selection ... explains the whole of life“ (2007, 141).

Nun kann Selektion nur mit dem Material arbeiten, das Mutationen und Rekombination zuvor bereit stellen. Und Evolutionskritiker bestreiten eben mit diskutablen Daten und Argumenten, dass ungerichtete Mutation und Rekombination das tatsächlich leisten oder leisten können. Theistische Evolutionisten bringen hier die aristotelische (und kantische) Hypothese immanenter dynamischer Formursachen oder Informationsprinzipien (Eide, Entelechien) ins Spiel. Oder modern ausgedrückt: Inherent Propensities for Increased Complexity. Dawkins hält hier lediglich das Mantra der natürlichen Selektion dagegen: „The evolutionary drive towards complexity comes ... not from an inherent propensity for increased complexity, and not from biased mutation. It comes from natural selection: the process which, as far as we know, is the only process ultimately capable of generating complexity out of simplicity“ (2007, 180). 

In Deutschland ist Siegfried Scherer, Inhaber des Lehrstuhls für Mikrobielle Ökologie am Department für Grundlagen der Biowissenschaften der TU München, der vielleicht bekannteste Repräsentant evolutionskritischer Positionen. Er ist Theist und steht der evangelikalen Studiengemeinschaft Wort und Wissen nahe [ www.wort-und-wissen.de]. Scherer stellt seine Position wie folgt dar: „Die Auseinandersetzung um Schöpfungsglaube, ID, Kreationismus, wissenschaftliche Evolutionstheorie und naturalistische Weltbilder wird in den USA mit harten Bandagen geführt. Vielleicht können wir hierzulande ein wenig entspannter mit der Sache umgehen? Ich hoffe, dass sich fundamentalistischer Evolutionismus bei uns genauso wenig etabliert wie ideologischer Kreationismus." (Internetauftritt: www.siegfriedscherer.de). 

Auf der anderen Seite ist Ulrich Kutschera, Inhaber des Lehrstuhles für Pflanzenphysiologie und Evolutionsbiologie am Institut für Biologie der Universität Kassel, der wohl bekannteste Evolutionsbiologe im deutschen Sprachraum und Vorsitzender der AG Evolutionsbiologie im Verband Deutscher Biologen [ www.evolutionsbiologen.de]. Dies ist ein zahlenmäßig eher bescheidener, aber sehr kämpferischer Verband für Biologie auf der Basis eines weltanschaulichen Naturalismus und Atheismus.

Kutschera und Scherer sind beide Autoren bzw. Koautoren von Handbüchern zur Evolution, welche für die jeweiligen Lager Leitfunktion haben und Standards gesetzt haben. Es sind einmal Ulrich Kutscheras Evolutionsbiologie , 3. Auflage, Stuttgart 2008, andererseits Reinhard Junkers und Siegfried Scherers Evolution. Ein kritisches Lehrbuch, 6. Aufl., Gießen 2006 [www.evolutionslehrbuch.info/]. Auch in den Medien sind beide Autoren zu prominenten Vordenkern ihrer Lager geworden (z.B. in dem Geo-Spezial Schöpfung contra Evolution von 2007). Das vorliegende Skript bietet eine geraffte Skizze der aktuellen Debatte an Hand der Veröffentlichungen von U. Kutschera und S. Scherer (und R. Junker).