Fodor Piatelli Natural SelectionÜberblick zur aktuellen Debatte um die Leistungsfähigkeit der darwinistischen Selektionstheorie: Fodor versus Dennett

Paul Natterer
2010
18 Seiten
Sprache: Deutsch
Reihe: Aufsätze zur Philosophie der Naturwissenschaften
Ausgabe: PDF-Datei
Format: DIN A4

 

Datenübertragung:

Debatte um die darwinistische Selektionstheorie: Fodor versus Dennett

Artikelbeschreibung

Seit einem Jahrzehnt sind durch das explosionsartig gewachsene Wissen um Bau und Arbeitsweise der Gene und des Genoms Kontroversen um das herrschende evolutionsbiologische Paradigma entstanden. Diese Kontroversen haben inzwischen zu einer grundsätzlichen Debatte um die Leistungsfähigkeit der darwinistischen Selektionstheorie geführt. Sie wird angeführt von Fodor, Jerry / Piattelli-Palmarini, Massimo: What Darwin Got Wrong, New York 2010. Das Buch ist in Kontakt und im Gespräch mit namhaften Vertretern der evolutionsbiologischen und entwicklungsbiologischen Forschungsgemeinschaft entstanden, zu der auch der gelernte Biophysiker und Molekularbiologe Piattelli-Palmerini selbst zählt. Fodor andererseits ist einer der einflusssreichsten Vordenker der interdisziplinären Kognitionswissenschaft, dessen Einsichten und Analysen wegweisend für realwissenschaftliche Disziplinen wie die Neurobiologie wurden (z.B. das Konzept der Modularität des Gehirns). Auch der intellektuelle Übervater der modernen Sprachwissenschaft, Noam Chomsky, zählt zu den Beratern und Anregern des Werkes.

Die weitgehendste und kämpferischste Gegenposition zu Fodors und Piatelli-Palmarinis Analyse ist Dennett, Daniel: Darwin‘s Dangerous Idea: Evolution and the Meanings of Life, New York 1995 [deutsch: Darwins gefährliches Erbe. Die Evolution und der Sinn des Lebens, Hamburg 1997]. Fodor und Piatelli-Palmarini sehen das auch so und nehmen ausdrücklich Bezug auf Dennetts Manifest pro globalen Adaptionismus. Wir halten Dennetts Ausführungen allerdings für nicht mehr wirklich diskursfähig. Die neueren und neuesten Entwicklungen der Evolutionsbiologie sprechen einfach zu deutlich dagegen. Nun ist Dennetts Manifest pro globalen Adaptionismus aber wirklich global, d.h. es geht ihm ganz besonders und sogar vorrangig darum, die adaptionistische These nicht nur für die Biologie als zentral und universell darzutun (was sie nach heutigen Erkenntnisstand auch dort nicht ist), sondern auch für die Psychologie, Pädagogik, Ethik, Politik. Diese Ausweitung hat nun noch einmal ihre besonderen Tücken und Fragezeichen.

Die folgende Datei bietet einen Überblick zu dieser ganz aktuellen Debatte um die Leistungsfähigkeit der darwinistischen Selektionstheorie. Sie behandelt die folgenden Themen:

(1) Aberglaube und Mächte der Finsternis

(2) Wissenschaftstheoretische Parallele zwischen psychologischer Lerntheorie und biologischer Evolutionstheorie

(3) Übergewicht interner Randbedingungen und Entwicklungsfaktoren: Evo-Devo-Revolution

(4) Genomanalyse: Genschrott mutiert zum Planungsbüro

(5) Invarianz und Robustheit der genetischen Kernmodule von Organismen

(6) Fusionierte Merkmalskomplexe (Module) statt isolierter phänotypischerMerkmale

(7) Begrenzte Entwicklungsspielräume und Gesetz der rekurrenten Variation

(8) Epigenetische Programme (software) auf Genomrechnern (hardware)

(9) Nichtmutationelle Selbstorganisation durch horizontalen Gentransfer, reverse Transkription und chemische Genregulierung

(10) Apriorische Formatierung und Optimierung: Geometrische und physikalisch-chemische Formgesetze

(11) Eine Lanze für das Konzept irreduzibel komplexer Systeme

(12)  Zahlende Kunden und Trittbrettfahrer in der Natürlichen Auslese: Zur Identifizierung effektiver kausaler Rollen in koextensiven Eigenschaftskomplexen

(13) Notwendige Bedingung für erfolgreiche Auslese ist mentale Verursachung mit Intentionalität und kontrafaktischer Intensionalität

(14) Die Theorie natürlicher Auslese ist wissenschaftstheoretisch vom Typ individueller (idiosynkratischer) historischer Erklärung (explanatory story), nicht vom Typ systematischer nomologischer Erklärung (covering law)

(15) Aporetisches Dilemma und Tabuisierung der „katastrophalen“ Gretchenfrage

(16) Dennett: Darwinistischer Adaptionismus als Theorie für alles