Das ethikotheologische Argument bei NewmanDas ethikotheologische Gottesargument bei John Henry Newman

Paul Natterer
Aufsätze zur Religionsphilosophie

2018 [2008]
5 Seiten
Sprache: Deutsch
Ausgabe: PDF-Datei
Format: DIN A 4

 

Datenübermittlung:

Newman: Ethikotheologisches Argument

Artikelbeschreibung

John Henry Newmans Grammar of Assent, 3. Aufl. Notre Dame/Indiana 1986 [1870] entwickelt eine zweite, bekannte Fassung des ethikotheologischen Arguments neben der kantischen. Sie ist repräsentativ für eine ganze Gruppe von angelsächsischen Denkern und ihren Werken mit einem mehr empiristischen Hintergrund. Das Buch ist einer der bedeutendsten Beiträge zur Wissenschaftsphilosophie und Religionspsychologie des philosophischen und prophetischen Theismus. Zugleich entwickelt das Werk umfangreiche erkenntnistheoretische und logische Analysen als deren Grundlage.

Der Autor, John Henry Newman (1801—1890, ist wahrscheinlich der einflussreichste anglikanische Theologe des 19. Jahrhunderts. Seine Zeitgenossen nannten den interdisziplinär gebildeten, brillanten klassischen Philologen „Platon von Oxford“: Noch bis in die 1960er Jahre galt die Klassische Philologie in Oxford als die anspruchsvollste und renommierteste Königsdisziplin. Er war „die erste lebende Autorität“ (Döllinger) auf dem Gebiet der Kirchengeschichte der Antike und gilt als der beste englische Prosaschriftsteller des 19. Jh. Nach dem Versuch eines Mittelweges zwischen Protestantismus und Katholischer Kirche in der von ihm geformten Oxfordbewegung, der neben der deutschen Romantik bedeutendsten religiösen Bewegung des Protestantismus im 19. Jh., erfolgte 1845 sein Übertritt zur Römischen Kirche. Ein Schritt, der die zahlenmäßig bedeutsamste Übertrittsbewegung englischer Akademiker und anglikanischer Geistlicher seit der Reformation in die katholische Kirche auslöste. Seine Konversion hatte diesen Hintergrund: Gerade die historisch‑philologische Verifizierung der vollen Identität „in Verfassung, in Grundsätzen, in den äußeren Beziehungen [...] selbst bis in die leisesten Tönungen" zwischen der Römischen Kirche des 19. Jahrhunderts einerseits und der Urkirche sowie Frühkirche andererseits ist "das große, offenkundige geschichtliche Phänomen ..., das mich konvertieren ließ“ (Newman: Certain Difficulties felt by Anglicans, Vol. 1, London 1918 [1850], 368). Seine Autobiographie Apologia pro vita sua kulminiert sachlich und literarisch in diesem theologischen Damaskuserlebnis.

Schmucker (Die primären Quellen des Gottesglaubens [= Quaestiones disputatae 34], Freiburg/Basel/Wien 1967) vergleicht Newmans Ethikotheologie systematisch mit der kantischen Ethikotheologie und bewertet beide Fassungen. Er ist deshalb unser Referenzautor in dem vorliegenden Skript, zumal die Veröffentlichungen des Kantforschers und Theologen Josef Schmucker in unserer Materie eine der verlässlichsten und umfassendsten Diskussionsgrundlagen überhaupt bieten. Die wichtigsten einschlägigen Monographien sind außer der genannten: Das Problem der Kontingenz der Welt. Versuch einer positiven Aufarbeitung der Kritik Kants am kosmologischen Argument [= Quaestiones disputatae 43], Freiburg/Basel/Wien 1969; Die Ontotheologie des vorkritischen Kant [= Kantstudien-Ergänzungshefte 112], Berlin/New York 1980; Kants vorkritische Kritik der Gottesbeweise. Ein Schlüssel zur Interpretation des theologischen Hauptstücks der transzendentalen Dialektik der Kritik der reinen Vernunft [= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Geistes-und sozialwissenschaftliche Klasse 1983, Nr. 2], Wiesbaden 1983; Das Weltproblem in Kants Kritik der reinen Vernunft: Kommentar und Strukturanalyse des ersten Buches und des zweiten Hauptstücks des zweiten Buches der transzendentalen Dialektik, Bonn 1990. Hans Wagners Urteil ist zuzustimmen: Schmucker bietet eine auf drei Jahrzehnten Quellenstudium beruhende epochale "Analyse ... wie ich sie aufschlußreicher und systematisch instruktiver noch nirgends gefunden habe." (Zu Kants kritischer Philosophie, hrsg. von B. Grünewald / H. Oberer, Würzburg 2008, 71)